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Geotextilien mit neuartigen Textilstrukturen verhindern Bodenerosion

Die Folgen des Klimawandels verursachen über die starken Veränderungen unserer natürlichen Umwelt hinaus auch langfristige wirtschaftliche Schäden. Stürme und Starkregen kommen inzwischen wesentlich häufiger und in verstärkter Intensität vor. Beides beeinflusst in einem hohen Maße die Bodenerosion und gefährdet unter anderem den Erhalt der Flora sowie von Gebäuden und Straßen.

Dreidimensional vor zweidimensional

Innerhalb eines Forschungsvorhabens der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des TFI - Institut für Bodensysteme an der RWTH Aachen e.V. und der Fachhochschule Münster Fachbereich Bauingenieurwesen, Geotechnik und Bauverfahrenstechnik gemeinsam mit dem Forschungskuratorium Textil e.V. – FKT, einem von 100 AiF-Mitgliedern, sogenannte getuftete Geotextilien entwickelt, die aufgrund ihrer Materialauswahl und Konstruktion für einen Einsatz zum Erosionsschutz in schrägen Böschungen geeignet sind. Dreidimensionale textile Strukturen können die eingebrachte Erde einschließen und deren Abtragung bei Starkregenereignissen gegenüber zweidimensionalen Strukturen deutlich reduzieren.

Dazu wurden Eckdaten für die Höhe und Dichte der Strukturen erarbeitet und mögliche Trägermaterialien oder Garne für das Tuftingverfahren untersucht. Tufting ist das maschinelle Einnähen von Polfäden mithilfe zahlreicher nebeneinander angeordneter Nadeln in ein Vlies. Nach der Festlegung der Konstruktionen erhielten die ersten Funktionsmuster beispielsweise eine Latexbeschichtung. Durch Thermobonding - die thermische Verfestigung der Vliesstoffe, die eine höhere Bindungsfestigkeit und leichtere Vliesstoffe ermöglicht - wurde eine Polnoppeinbindung realisiert. Polnoppen sind unter anderem bei Teppichen ein Qualitätsmerkmal: Je mehr Polnoppen pro Quadratmeter, desto dichter die Struktur und hochwertiger der Teppich. Deshalb sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch in der künftigen Herstellung solcher Geotextilien einen möglichen neuen Produktionsbereich für mittelständische Teppichhersteller, die aufgrund des Trends zu Laminat-, Holz- und anderen Glattböden schon länger Einnahmeneinbußen beklagen.

Naturfaser vor Synthesefaser

Die Forschenden entwickelten einen Prüfstand, in dem Starkregen an schiefen Ebenen simuliert werden konnte. Die Ergebnisse diverser Untersuchungen bestätigen, dass die getufteten Geotextilien im Vergleich zu den ungetufteten dazu beitragen, die Bodenerosion bei diesen Wetter- und Umweltverhältnissen deutlich zu vermindern. Darüber hinaus waren die Naturfasergeotextilien den Synthesefasergeotextilien ökonomisch und ökologisch klar überlegen – nicht zuletzt, weil sie später nicht entsorgt werden müssen. Böschungen, die damit aufgebaut werden, halten Starkregen länger stand als solche, die mit reinen Geweben bearbeitet werden. Die Gesamtfläche von Böschungen am deutschen Wegenetz, das Straßen und Wasserwege beinhaltet, macht zirka 800 Millionen Quadratmeter aus.

Anhand der Ergebnisse des IGF-Projekts wurde zusätzlich ein Leitfaden erarbeitet, der der Industrie die Entwicklung von dreidimensionalen getufteten Strukturen als Erosionsschutztextilien ermöglicht. Das vorwettbewerbliche IGF-Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit öffentlichen Mitteln gefördert. Die Forschungsergebnisse des Projekts können von allen interessierten kleinen und mittleren Unternehmen genutzt werden. (frd)

Forschungseinrichtungen:

TFI - Institut für Bodensysteme an der RWTH Aachen e.V.

Fachhochschule Münster Fachbereich Bauingenieurwesen, Geotechnik und Bauverfahrenstechnik

Forschungsvereinigung:

Forschungskuratorium Textil e.V. - FKT

 

 

Foto: Canva