ISTMA Europe Meeting 2025 in Berlin

1. Reihe: Stephan Berz (l.), Prof. Dr. Thomas Seul (4.v.l.), Ralf Dürrwächter, Geschäftsführer VDWF und FDWF (r.)
17.11.2025 – Der europäische Werkzeugbau traf sich 3. und 4. November 2025 in Berlin zum International Special Tooling & Machining Association (ISTMA) Europe Meeting in Berlin. Rund 120 Teilnehmer aus 18 Landesverbänden folgten der Einladung des Verbandes Deutscher Werkzeug- und Formenbauer e.V. (VDWF). Vertreten waren aber nicht nur die Mitgliedsverbände der ISTMA Europe und deren Unternehmen, sondern auch Akteure aus der Forschung und den wichtigsten Kundenbranchen. Die Forschungsgemeinschaft Deutscher Werkzeug- und Formenbauer e.V. – FDWF gehört seit ihrer Gründung im Jahr 2021 zu den Mitgliedern der AIF. Das Ziel der Forschungsgemeinschaft ist es, die Förderung von Wissenschaft und Forschung auf den Gebieten des Werkzeug-, Formen- und Schnittebaus voranzutreiben. Der Werkzeug- und Formenbau gehört zu den Schlüsselindustrien in Deutschland.
Der VDWF ist als aktives Mitglied im Werkzeugmacher-Weltverband ISTMA
engagiert. Seit Februar 2025 steht VDWF-Markenbotschafter Stephan Berz an der Spitze von ISTMA Europe. Angesichts der für viele Unternehmen existenzbedrohenden Herausforderungen, vor denen die Branche steht, fordert Berz mehr politische Unterstützung sowie eine Rückbesinnung auf lokale Partnerschaften. So soll die Schlüsselindustrie Werkzeug- und Formenbau in Europa geschützt werden, denn hier sind 95 Prozent der Unternehmen aus dieser Branche kleine und mittelständische Betriebe.
Forschung trifft Anwendung trifft Markt
Austragungsort der Veranstaltung war das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK – ein Ort, der nicht nur sinnbildlich, aber auch ganz konkret für Hightech-Innovation steht. Auf die Berichte der ISTMA und die Präsentationen der einzelnen Werkzeugmacher-Landesverbände folgte am ersten Veranstaltungstag, eine zweistündige Führung durch das Institut. Die Teilnehmer erhielten exklusive Einblicke in hochaktuelle Forschungsprojekte rund um Präzisionstechnologien, Automatisierung und Digitalisierung.
Dabei wurden wechselseitige Impulse gesetzt, wie sich derartige Innovationen in die industrielle Fertigung übertragen und wo sich gerade mit dem Know-how der Werkzeugmacher neue Geschäftsfelder erschließen ließen – beispielsweise bei optischen Anwendungen oder im Fluidmanagement. „Hier kamen drei Welten zusammen: Forschung, Anwender und Abnehmer“, erklärt Stephan Berz, Präsident von ISTMA Europe und Markenbotschafter des VDWF.
Zusätzliche Einblicke lieferte Berz mit der Vorstellung des Automotive Tooling Forecast – einer Marktstudie der Automobilindustrie, als größter Abnehmer von Werkzeugtechnik in Europa, die einen strukturierten Überblick über anstehende Fahrzeugprojekte bis 2028 sowie den daraus resultierenden Werkzeugbedarf für 2026 liefert. Die erstmals präsentierte Studie erscheint künftig halbjährlich und soll Werkzeugmachern „als echten Mehrwert“, so Berz, regelmäßig verwertbare Marktdaten an die Hand geben.
Die Kundenperspektive im Werkzeugbau
Herzstück des zweiten Veranstaltungstags waren die Vorträge mit Podiumsdiskussionen: Kundenvertreter aus den Bereichen Automotive, Logistik und weiße Ware brachten ihre Sicht auf den Werkzeug- und Formenbau ein: Sie beschrieben ihre Anforderungen, ihre eigenen Herausforderungen – und was sie sich in Zukunft von der Branche erwarten. „Dieser Blick von außen war zentral“, betont Stephan Berz. „Es hat sich die Frage herauskristallisiert, wie wir als Werkzeugmacher Mehrwerte schaffen, diese sichtbar machen und konsequent in unsere Kundenbranchen kommunizieren.“
Für VDWF-Präsident Professor Thomas Seul war es ein Event der unerwarteten Erkenntnisse: „Ich habe echte ‚Sternschnuppen‘ entdeckt – Perspektiven, über die ich so noch nicht nachgedacht habe, die dann plötzlich aufblitzen und einen Aha-Moment nach sich ziehen.“ Sein Fazit: „Technologisch ist der Werkzeug- und Formenbau in Europa stark. Aber in Projektmanagement und strategischer Positionierung gibt es eindeutig Aufholbedarf.“
Der europäische Werkzeugbau wächst zusammen
Die Zeit jenseits der Tagungsagenda stand dann während des «Berliner Backstage»-Programms auch ganz im Zeichen des Netzwerkens – etwa der Besuch einer Oldtimer-Ausstellung, der abendlichen Spreerundfahrt, der Besichtigung des Deutschen Bundestags, beim gemeinsamen Essen oder beim Absacker auf dem Berliner Fernsehturm. „Wir haben eine Atmosphäre geschaffen, in der sich Menschen begegnen konnten. Daraus entstand echtes Vertrauen – die Basis jeder Kooperation“, sagt Seul. „Ganz deutlich wurde das bei den gemeinsamen Busfahrten: Es wurde richtig turbulent – im besten Sinne. Alle redeten durcheinander, alle redeten miteinander – unabhängig von Herkunft, Sprache und Funktion. Da habe ich gemerkt: Hier wächst der europäische Werkzeugbau gerade zusammen.“
Europa und China – Lernbereitschaft statt Frust
Ein weiteres zentrales Thema des Events, ob auf der Bühne oder im zwischenmenschlichen Austausch, war der Wettbewerb mit China. Statt jedoch in pauschale Kritik zu verfallen, dominierten differenzierte Stimmen. Die Kernaussage: Europa sollte nicht den Fehler machen, China für seinen Aufstieg zu verurteilen und in Trotz zu verfallen. Vielmehr gelte es, sich konstruktiv mit den Erfolgsfaktoren auseinanderzusetzen – und daraus eigene Schlüsse zu ziehen. „Man bestraft im Fußball auch nicht den Sieger – man analysiert, wie er gewonnen hat. Dann steht man beim nächsten Mal wieder auf dem Siegertreppchen“, bringt es Stephan Berz auf den Punkt.
Foto: © VDWF, Fabian Diehr



