Mittelstand und beschleunigerbasierte Technologien

Jakob Peters

21.5.2025 – Die Innovationsplattform Hi-Acts des Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY macht beschleunigerbasierte Technologien für Industrie und Medizin leichter zugänglich. Die fünf Helmholtz-Zentren DESY, Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, Helmholtz-Zentrum Hereon, das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung und das Helmholtz-Zentrum Berlin bündeln ihre Expertise und bieten über eine zentrale Anlaufstelle Zugang zu ihren zahlreichen Beschleunigeranlagen und Forschungsgruppen. Durch den Zugang zu Hochleistungsanalysen in Bereichen wie Life-Science, Energie oder Materialforschung, und einem europaweiten Expertennetzwerk eröffnet Hi-Acts neue Möglichkeiten für industrielle Anwendungen.

Eine Veranstaltung mit dem Titel „DESY Innovation Insights: Innovationen mit Hi-Acts: Wie der Mittelstand von beschleunigerbasierten Technologien profitiert“ findet am 5. Juni 2025 im AIF-InnovatorsNet statt. Anmeldungen sind hier möglich.

Mit dem Referenten und Innovationsmanager der Innovationsplattform Hi-Acts des DESY, Jakob Peters, haben wir vorab gesprochen.

Die fünf beteiligten Helmholtz-Zentren bringen unterschiedliche technologische Schwerpunkte mit – wie ergänzt sich diese Vielfalt innerhalb von Hi-Acts, um branchenübergreifende Lösungen für die Industrie zu ermöglichen?

Jakob Peters: Die fünf Zentren bringen jeweils unterschiedliche Technologien ein – von Röntgen- und Neutronenstrahlung über Ionen bis hin zu UV-Licht. Diese Vielfalt ermöglicht es, Materialien auf ganz unterschiedliche Weise zu durchleuchten, zu analysieren und zu testen – je nach Fragestellung, Material oder Tiefe. So können wir mit Stresstests beispielsweise Werkstoffe unter realistischen Bedingungen auf Belastbarkeit testen. Ein Industriepartner hat damit seine Metallbauteile optimieren können, um deren Lebensdauer zu erhöhen und potenzielle Schwachstellen zu vermeiden – ein Ansatz, der sich zum Beispiel auch auf Windturbinen oder andere Branchen übertragen lässt.

Aber das eigentlich Beste an Hi-Acts ist, dass Unternehmen die Technologievielfalt im Detail gar nicht verstehen müssen, um davon zu profitieren. Über Hi-Acts gibt es einen zentralen Zugangspunkt – wir analysieren die Herausforderung und vermitteln automatisch die passende Einrichtung oder Kombination von Methoden.

Welche konkreten Analyseverfahren oder Methoden, die im Rahmen von Hi-Acts angeboten werden, sind derzeit besonders gefragt und warum?

Jakob Peters: Das hängt stark vom jeweiligen Unternehmensbereich ab – aber wir sehen in mehreren Branchen klare Trends. In der Pharma- und Lifescience-Branche sind beispielsweise standardisierte Proteinstrukturanalysen sehr gefragt. Damit können neue Wirkstoffe im Detail untersucht und gezielt weiterentwickelt werden. Gleichzeitig spielen Beschleuniger auch in der Produktion eine Rolle – etwa bei der Herstellung radioaktiver Isotope für die Krebsdiagnostik und -therapie.

Ein weiteres großes Thema sind in-operando Analysen, also Untersuchungen während eines laufenden Prozesses – etwa bei Batterien. Diese Methoden sind besonders für die Automobil- und Energiewirtschaft interessant, um Ladezyklen, Alterung oder Materialveränderungen sichtbar zu machen. Außerdem wächst das Interesse aus der Weltraumbranche, vor allem im Bereich von Strahlenhärtetests. Hier geht es darum, zu prüfen, ob elektronische Bauteile der hohen Strahlenbelastung im All standhalten. Ganz allgemein gilt: Wer Einblicke in Materialien, Energietechnologien oder Lebenswissenschaften braucht – oft zerstörungsfrei, hochauflösend und sogar in Echtzeit – findet über Hi-Acts passende Verfahren an einem der beteiligten Forschungszentren.

Wie sieht der Weg von einer ersten Anfrage eines Industriepartners bis zur Umsetzung eines konkreten Analyseprojekts aus? Gibt es Beispiele, bei denen die Zusammenarbeit mit Hi-Acts maßgeblich zur Entwicklung eines neuen Produkts beigetragen hat?

Jakob Peters: Der Weg ist überraschend einfach, genau das ist einer der großen Vorteile von Hi-Acts. Unternehmen müssen nicht mit einer fertigen Idee kommen – es reicht, wenn es ein konkretes Problem oder eine Entwicklungsfrage gibt. Unsere Expert:innen helfen dann dabei, die passende Methode und Strahlenquelle auszuwählen, führen die Analysen durch und entwickeln in enger Abstimmung mit dem Unternehmen mögliche Lösungsansätze. Auch unter NDA. Ein Beispiel: Ein Chemieunternehmen hatte unerklärliche Kristallbildungen in einem Desinfektionsmittel. Mit nur wenigen Stunden Messzeit und gezielter Auswertung durch unsere Wissenschaftler:innen konnte die Ursache identifiziert werden.

Je nach Bedarf und Ressourcen können Unternehmen in unterschiedlicher Tiefe einsteigen. Zum Beispiel als offizielle Projektpartner, über direkte Beauftragung von Messzeit, oder mithilfe externer Dienstleister, die den gesamten Analyseprozess übernehmen. Hi-Acts unterstützt natürlich gerne dabei, hier den optimalen Weg zu finden.

Foto: © Jakob Peters, privat

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