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Zoom

I

Standpunkt

13

Professor Volker Stich

, Industrie

4.0-Experte und Geschäftsführer des

FIR an der RWTH Aachen, wagt auf

der Basis aktueller Daten einen Blick

in die Zukunft. Das AiF-Mitglied FIR

befasst sich insbesondere mit dem

Dienstleistungs-, Informations- und

Produktionsmanagement. Es gehört

zu den fünf nationalen „Kompetenz-

zentren Mittelstand 4.0“, die Bundes-

wirtschaftsminister Sigmar Gabriel

ausgelobt hat.

Herr Professor Stich, wie wird die

Produktion im Jahr 2030 ausse-

hen?

Oh, wenn wir das so genau wüss-

ten, bräuchten wir ja kaum noch

zu forschen! Aber

Spaß beiseite: Für uns

steht fest, dass die

Automatisierung noch

deutlich voranschrei-

ten wird. Sensoren,

mobile Endgeräte und

mit digitalen Arbeits-

helfern ausgerüstete

Arbeitsplätze werden

zunehmen. Allerdings

brauchen wir uns darüber weder

Sorgen noch fantastische Illusionen

zu machen: Der deutsche Mittel-

stand wird sich kontinuierlich weiter

entwickeln, niemand kann einen

Zauberstab schwingen und diese

„Revolution“ ad hoc umsetzen.

Welche Bedeutung hat Industrie

4.0 für die zukünftige Wettbe-

werbsfähigkeit von Unternehmen?

Die kontinuierliche Verbesserung

der eigenen Leistungserbringungs-

prozesse ist seit jeher Vorausset-

zung für die Erhaltung der Wettbe-

werbsfähigkeit – und damit auch für

die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Das Schlagwort Industrie 4.0 fasst

nur zusammen, dass diese Verbes-

serung eben nicht nur physisch „auf

dem Shopfloor“ erfolgt, sondern

dass wir uns in Zukunft immer mehr

mit der digitalen Vernetzung und

Automatisierung von Arbeitsabläu-

fen auseinandersetzen müssen.

Wo steht dabei der deutsche

Mittelstand aktuell?

Das Bild des deutschen Mittel-

stands ist sehr heterogen. Wir

sehen herausragende Leistungen

der Technologieführer – aber in der

breiten Masse auch großen Nach-

holbedarf. Eine unserer eigenen

Studien zeigte gerade, dass wir im

internationalen Vergleich auf der

Hut sein müssen, den Anschluss

zu behalten. Denn viele Unterneh-

men haben zwar das Potenzial von

Industrie 4.0 erkannt, ihr eigener

Reifegrad ist ihnen aber unklar. Das

führt dazu, dass sie sich scheinbar

einfache Lösungen zum Vorbild

nehmen, die gar nicht ihren eigenen

Bedürfnissen entsprechen.

Welche Schwierigkeiten hat ins-

besondere der Mittelstand bei der

Umsetzung?

Das Leistungsangebot des Mittel-

stands ist enorm differenziert: Wir

haben großartige Spezialisten auf

vielen Gebieten. Genau das stellt

auch die Herausforderung dar: Es

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I

Standpunkt

Licht und Schatten

„Industrie 4.0“ im Mittelstand

Rund 15 Prozent der Projekte

in der Industriellen Gemein-

schaftsforschung (IGF) befas-

sen sich aktuell mit Industrie

4.0-Themen. Da diese häufig

nach branchenübergreifender

Zusammenarbeit verlangen,

bietet das Innovationsnetzwerk

der AiF und ihrer Forschungs-

vereinigungen die optimale

Plattform, um den Mittelstand

bei dieser großen Herausfor-

derung zu unterstützen.

gibt kaum kopierbare „Musterlö-

sungen“ für die Einführung von

Industrie 4.0. Jeder Betrieb muss

sich mit seinen Fähigkeiten und

den umgebenden Marktanforde-

rungen auseinandersetzen, um eine

passende Lösung zu finden. Das ist

aufwendig, ressourcenfordernd und

benötigt den festen Willen, auch

Etabliertes in Frage zu stellen.

5. Welche Chancen bergen Indust-

rie 4.0-Technologien für mittelstän-

dische Unternehmen?

Die Chancen liegen insbesondere

bei der besseren Planungsmöglich-

keit von Betriebsabläufen. Durch

den Einsatz von Industrie 4.0-Tech-

nologien sind Prozesse

in Echtzeit verfolgbar.

Die Vielzahl der pro-

duzierten Daten ist die

Basis für Smart Data,

d. h. eine deutlich ver-

besserte Prognosefähig-

keit, mehr Effizienz und

ggf. sogar ganz neue

Geschäftsmodelle.

Welche Möglichkeiten der Unter-

stützung bietet die IGF für mittel-

ständische Unternehmen?

Als IGF-Akteur im Netzwerk der AiF

sehen wir es als unseren Auftrag,

Unternehmen in Forschungspro-

jekte einzubinden, die umsetzbare,

sichere Schritte der Entwicklung

aufzeigen. Dabei zeigen wir im

Cluster Smart Logistik an Demons-

tratoren und Show-Cases, wie

Best-Practices im Industrie 4.0-Kon-

text aussehen können. Direkte Nutz-

nießer sind die Unternehmen in den

Projektbegleitenden Ausschüssen

der IGF – aber auch anderen Unter-

nehmen stehen unsere Forschungs-

ergebnisse immer offen.

„Der deutsche Mittelstand

wird sich kontinuierlich

weiter entwickeln, nie-

mand kann einen Zau-

berstab schwingen und

diese ‚Revolution‘ ad hoc

umsetzen.“