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Einblicke 23
Deutschland hat ein überörtliches
Straßennetz von rund 230.000
Kilometern. Dazu gehören 39.000
Brücken, von denen viele älter als
40 Jahre sind. Experten schätzen,
dass ca. 6.000 Brücken sanierungs-
bedürftig sind. Ein Grund dafür ist
Korrosion, denn bislang schützen
nur Farben und Lacke Stahl- und
Verbundbrücken davor. Nach 25 bis
30 Jahren müssen diese Beschich-
tungen mit hohem finanziellem
Aufwand erneuert werden.
100 Jahre Korrosionsschutz
Die Ingenieure Peter Lebelt vom
Institut für Korrosionsschutz Dres-
den, Dennis Rademacher von der
Technischen Universität Dortmund
und Fabian Simonsen von der
Staatlichen Materialprüfungsanstalt
Darmstadt haben in einem IGF-
Projekt ein Verfahren entwickelt, das
es erstmals ermöglicht, die Feuer-
verzinkung im Brückenneubau an-
zuwenden. „Die Feuerverzinkung ist
aus dem Gebäudehochbau bereits
bekannt. Wir haben im Rahmen
des Vorhabens nachgewiesen, dass
feuerverzinkte Stahlbauteile auch
bei zyklisch belasteten Konstruktio-
nen wie Brücken sicher eingesetzt
werden können.“, erläutert Dennis
Rademacher die Ergebnisse. Damit
kann ein langlebiger, wartungsfreier
und robuster Korrosionsschutz von
100 Jahren – der rechnerischen
Lebensdauer einer Brücke – sicher-
gestellt werden.
Zusätzlich konnten die Wissen-
schaftler durch Bauteilproben, die
an Brücken ausgelagert wurden,
klimatische Einflussfaktoren bestim-
men. Die Daten bildeten eine wei-
tere Grundlage bei der Bewertung
von Korrosionsbelastungen und
zeigen, dass die Umweltbelastung
der Atmosphäre in den letzten 30
Jahren stark zurückgegangen ist.
Umsetzung bereits auf dem Weg
Rückblickend sagt Fabian Simonsen:
„Wir haben viel Arbeit und Schweiß
in das Projekt gesteckt. Aber es hat
sich gelohnt, denn wir haben so
gute Ergebnisse erzielt, dass sie sich
schon in der Umsetzung befinden.
„Unsere Forschung im Rahmen dieses IGF-Pro-
jekts trägt dazu bei, dass Brücken nicht mehr so
häufig der Zorn des Autofahrers sein werden.“
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Einblicke
Stressfrei
ins Büro
Bundesweit sind viele Brücken so marode, dass sie nur eingeschränkt
befahrbar sind. Sperrungen und kilometerlange Verkehrsstaus sind die
Folgen, unter denen nicht nur tägliche Berufspendler leiden. Ein Vorhaben
der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) kann in Zukunft Abhilfe
schaffen und leistet damit einen Beitrag zur Gestaltung einer nachhaltigen
Verkehrsinfrastruktur. Das ausführende Forscherteam hat dafür den
Otto von Guericke-Preis 2014 erhalten, den die AiF für herausragende
Leistungen auf dem Gebiet der IGF verleiht.
Die erste Brücke mit unserer Feuer-
verzinkung wird in Hessen bei der
Erweiterung der A44 Kassel-Erfurt
gebaut. Und wenn Sie das nächste
Mal wegen Brückenbauarbeiten im
Stau stehen,“, fügt er schmunzelnd
an, „können Sie an uns denken. Wir
arbeiten daran, dass das in Zukunft
seltener vorkommt.“
Vom großen Nutzen der Ergeb-
nisse ist auch Iris Gleicke, Parla-
mentarische Staatssekretärin beim
Bundesminister für Wirtschaft und
Energie und Mittelstandsbeauftrag-
te der Bundesregierung, überzeugt.
Sie stellte bei der Preisverleihung
heraus, dass die Ergebnisse dieses
interdisziplinären IGF-Vorhabens,
das von den AiF-Forschungsvereini-
gungen Stahlanwendung, Gemein-
schaftsausschuss Verzinken und
Deutscher Ausschuss für Stahlbau
koordiniert wurde, „dem Steuerzah-
ler richtig viel Geld sparen können“.
Im Schulterschluss mit der Industrie
Das sieht Peter Lebelt ebenso:
„Es freut mich sehr, dass wir mit
den Projektergebnissen etwas
zurückgeben können, das auch der
Allgemeinheit zugutekommt. Unser
Dank gilt den am Projekt beteiligten
Industriepartnern. Denn ohne ihre
Hilfe hätten wir die Untersuchun-
gen nicht durchführen können: Sie
haben uns Proben zur Verfügung
gestellt und bei der Feuerverzinkung
unterstützt.“, erklärt er und macht
damit den einzigartigen Schulter-
schluss zwischen Wirtschaft und
Wissenschaft in der vorwettbe-
werblichen IGF sichtbar.
In der Mediathek der AiF finden Sie
3-minütige Filme zum Projekt sowie
zu den anderen beiden Finalisten
für den Otto von Guericke-Preis
2014.
Die Otto von Guericke-Preisträger 2014:
Dennis Rademacher, Fabian Simonsen und Peter Lebelt (v.l.)