Zoom
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Einblicke 29
Was war der Ausgangspunkt des
Projektes?
Prof. Scherer:
Das Gift Cereulid
in Lebensmitteln ist ein ernstes
Problem, denn das für seine Bildung
verantwortliche Bakterium
Bacillus
cereus
ist von Natur aus in vielen
Nahrungsmitteln vorhanden. Selbst
bei sehr hohen Hygienestandards
ist es oft unmöglich, eine Kontami-
nation zu vermeiden. Bisher war der
Nachweis des Krankheitserregers
langwierig und wir wussten nicht,
welche Faktoren in Lebensmitteln
die Bildung des gefährlichen Toxins
beeinflussen.
Was macht das neue Nachweisver-
fahren aus?
Prof. Hofmann:
Das im Rahmen des
IGF-Vorhabens entwickelte Nach-
weisverfahren erlaubt es erstmals,
die Toxinbildung im Lebensmittel in
Echtzeit zu überwachen. Außerdem
konnten wir sieben neue Toxin-Vari-
anten identifizieren, die eine teilweise
höhere Toxizität aufweisen als das
bislang bekannte Cereulid. Das war
ein faszinierender Durchbruch in der
Bacillus cereus
-Forschung!
Wie kann die neue Technik genutzt
werden?
Prof. Ehling-Schulz:
Im Rahmen
des Projektes haben wir eine inno-
vative Tool-Box für Unternehmen
entwickelt, die sich in der Praxis
unkompliziert, zuverlässig und auch
sehr kostengünstig einsetzen lässt.
Wer profitiert davon?
Prof. Ehling-Schulz:
Die Ergebnisse
ermöglichen es insbesondere den
mittelständisch geprägten Unter-
nehmen der Lebensmittelindustrie,
sowohl wirtschaftlichen Schaden,
der durch Produktionsstopps oder
Rückrufaktionen entstehen kann, als
auch Image-Schäden durch Ver-
trauensverluste in die Qualität von
Produkten zu vermeiden.
Welche wirtschaftliche Bedeutung
haben die Ergebnisse des IGF-Pro-
jekts?
Prof. Hofmann:
Der durch
Bacillus
cereus
bundesweit entstehende
Schaden liegt jährlich im zweistel-
ligen Millionenbereich. Erst im
September 2016 musste eine mit
Bacillus cereus
verseuchte H-Milch
bundesweit aus den Supermärkten
zurückgerufen werden. Darüber
hinaus hat unsere Technik auch die
Grundlage gelegt, um einen welt-
weiten ISO-Standard zu bilden, der
es uns zukünftig ermöglicht, Cere-
ulid-Vergiftungen zu verhindern.
Sind die Ergebnisse des IGF-Projek-
tes auch außerhalb der Lebensmit-
telindustrie einsetzbar?
Prof. Scherer:
Das Marktpotenzial
ist weitaus größer, als dies zu Beginn
des Vorhabens absehbar war. Es
kann nicht nur in der Lebensmittel
industrie mit ihren 6.000 Unterneh-
men eingesetzt werden, sondern
beispielsweise auch in der Pharma
industrie und der humanmedizini-
schen Diagnostik.
In der Mediathek der AiF finden Sie
3-minütige Filme zum Projekt sowie
zu den anderen beiden Finalisten für
den Otto von Guericke-Preis 2016.
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Einblicke
Ein Meilenstein für den
Verbraucherschutz
Produktsicherheit ist ein zentraler Aspekt des Verbraucherschutzes. Gerade im Lebensmittelbereich ist die ver-
lässliche Qualität und Unbedenklichkeit von Produkten wichtig, da Gesundheit und Wohlergehen davon abhän-
gen können. In einem Vorhaben der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) ist es den Wissenschaftlern
Professor Thomas Hofmann und Professor Siegfried Scherer von der Technischen Universität München sowie
Professor Monika Ehling-Schulz von der Veterinärmedizinischen Universität Wien gelungen, ein schnelles,
sicheres und wirtschaftliches Nachweisverfahren für das Toxin Cereulid in Lebensmitteln zu entwickeln, das zu
Vergiftungen führen kann. Die AiF hat die Wissenschaftler für das erfolgreiche IGF-Projekt des Jahres 2016 mit
dem Otto von Guericke-Preis ausgezeichnet.
Die Otto von Guericke-Preisträger 2016: (v.l.) Prof. Thomas Hofmann,
Prof. Monika Ehling-Schulz und Prof. Siegfried Scherer